„Krisen sind produktive Zeiten“
Eine Energiegenossenschaft zeigt, wie nachhaltige Energieerzeugung marktwirtschaftlich organisiert werden kann
Die Energievesorgung in Deutschland ist nach wie vor überwiegend zentral durch wenige große Versorger organisiert. Dies zu ändern, hat sich die im März 2011 gegründete DBE Deutsche BürgerEnergie eG mit Sitz in Nürnberg vorgenommen. Dabei setzen die Initiatoren nicht auf staatliche Subventionen, sondern wollen wettbewerbsfähige Projekte auf die Beine stellen, wie Mario Fürst und Swen Hansen, die Vorstände der DBE, erläutern. Und Hansen kennt sich beim Thema Wirtschaftlichkeit aus: Viele Jahre erarbeitete er als Unternehmensberater Geschäftsmodelle und war im Risikomanagement einer Bank tätig, bevor er in die Finanzierung von Projekten im bereich nachhaltiger Energie wechselte. Auch Fürst hat bereits vor der Gründung der Genossenschaft Erfahrungen mit dem Thema „erneuerbare Energien“ gesammelt. Mit seiner Firma bietet er Privatpersonen einen Rund-um-Beratungsservice bei Investitionen in neue Energieträger an. Um die „Energiewende von unten“ selbst in die Hand nehmen zu können, gründeten sie mit einem weiteren Geschäftspartner kurzerhand eine Genossenschaft. „Während der Erstellung des Businessplans sind wir quasi zwangsläufig bei dieser Rechtsform gelandet und zu Überzeugungstätern geworden“, so Hansen. Dabei überzeugten die Initiatoren vor allem Eigenschaften wie Transparenz, Mitsprache und kurze Wege.
Im Gegensatz zur klassischen Energiegenossenschaft, die traditionell regional verankert ist, möchte die DBE bundesweit in eine dezentrale Energieversorgung investieren. Dafür gebe es gute Gründe, so Hansen: „Wie in jedem gut aufgestellten Wertpapierdepot sollte das Risiko – etwa aufgrund von Klimaschwankungen – möglichst breit gestreut werden, getreu dem Motto: ,Lege nie alle Eier in einen Korb‘. Profiteur der Wertschöpfung bleibt aber bevorzugt die jeweilige Region.“ Die bisherigen Projekte der DBE konzentrieren sich auf den Bereich Fotovoltaik. Neben der Errichtung eigener Anlagen – die erste ist für Juli 2012 geplant – setzt das Jungunternehmen auf Projektbeteiligungen. Die Auswahl der Objekte erfolgt nach Kriterien, die sowohl technische, politische als auch wirtschaftliche Faktoren umfassen. Die Rentabilität ist dabei besonders im Blick. Gerade aufgrund drohender Kürzungen im Solarbereich stellt die DBE hohe Anforderungen an die Qualität und langfristige Tragfähigkeit ihrer Anlagen. Nicht ohne Stolz verweisen Fürst und Hansen darauf, dass die Genossenschaft mit ihren Projekten bereits Anfang nächsten Jahres ohne EEG-Subventionen konkurrenzfähig sein werde. In einer drohenden Kürzung der Fördergelder sehen Fürst und Hansen daher eine Chance: „Übrig bleiben diejenigen, die auf Qualität, Professionalität und Wirtschaftlichkeit auf Basis gewissenhafter Kalkulation setzen“, führt Hansen aus. Erst wenn die Goldgräberstimmung vorbei sei und unseriöse Anbieter vom Markt verschwunden sind, könne die Energiewende dauerhaft gelingen, ergänzt Fürst.
Das EEG sei von Anfang an lediglich als Anschub für die regenerative Energieversorgung gedacht gewesen. Aus diesem Grund gewinnen die DBE-Vorstände der derzeitigen Krise der Solarwirtschaft in Deutschland positive Seiten ab. „Wir können nun beweisen, dass Energieerzeugung mit regenerativen Energieträgern und deren Verbrauch innerhalb einer Marktwirtschaft funktionieren kann.“ Attraktivität versprechen sich die Vorstände vom Genossenschaftsmodell. Zwar sind sie sich bewusst, dass die Mitglieder auf ihr eingelegtes Kapital Renditen erwarten, doch das stehe nicht allein im Vordergrund. Im Zuge des Förderauftrags bietet die Genossenschaft ihren Mitgliedern darüber hinaus Informationen und Hilfestellungen an, beispielsweise, wenn diese eigene Fotovoltaikanlagen installieren wollen. Über Mitgliederwerbung, durch geschickte Öffentlichkeitsarbeit oder Informationsveranstaltungen wie auf der „Messe Grünes Geld“ erhofft sich Fürst einen Zustrom engagierter Bürger.
Auch technisch plant die Genossenschaft eine Expansion. Für das erste Quartal 2013 wird der Einstieg in drei Windkraftanlagen in unterschiedlichen bayerischen Gemeinden angestrebt. Und Visionen für die weitere Zukunft gibt es schon: Die vielen brachliegenden, kleinen Wasserkraftwerke, die in Deutschland existieren, böten ein enormes Potenzial, so Fürst.
In Nürnberg könnte also eine deutschlandweite Erfolgsgeschichte ihren Anfang nehmen. Da vergessen die Gründer gerne die Startschwierigkeiten. Nicht bei der Gründung selbst. Die sei Dank dem GVB ganz hervorragend verlaufen, so Fürst. Allerdings gab es bei der Namensgebung Hürden zu überwinden. Denn der Begriff Deutschland im Namen ist laut zuständigen Stellen erst bei entsprechender Unternehmensgröße gerechtfertigt. Da die Genossenschaft nun das Kürzel DBE ihrem Namen voranstellt, konnten die Sorgen der Bürokraten ausgeräumt werden. Und wer weiß: Vielleicht wächst die Genossenschaft so stark, dass sie irgendwann nur noch als „Deutsche BürgerEnergie“ zu firmieren braucht.
Profil – Das bayerische Genossenschaftsblatt 07.2012
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